Nullgradgrenze nennt
man die Höhe, in der die Lufttemperatur den Gefrierpunkt unterschreitet, wenn
man die Aufstiegskurve aufsteigend verfolgt. Oberhalb der Nullgradgrenze ist es
also kälter als Null Grad, darunter wärmer. Wenn schon am Boden die Temperatur
im Frostbereich liegt, spricht man von einer am Boden aufliegenden
Nullgradgrenze. Bis zu welcher Tiefe der Boden evtl. gefroren ist, hat keine
Bedeutung.
Es kann mehrere
Nullgradgrenzen geben, wenn über einer kalten Luftschicht, in welcher der
Gefrierpunkt unterschritten wird oder bereits unterschritten ist, eine
wärmere Luftschicht mit Temperaturen über 0°C liegt. In dieser wird es nach
oben hin ja auf jeden Fall irgendwann kälter als 0°C. Die Existenz von zwei
Nullgradgrenzen bedeutet immer, daß sich zwischen beiden eine wärmere
Luftschicht befindet.
Während im Sommer in Mitteleuropa durchweg nur eine Nullgradgrenze existiert, kommen mehrere Nullgradgrenzen gleichzeitig in zwei typischen Situationen im Winterhalbjahr öfter vor, wenn das Temperaturniveau nicht zu niedrig ist:
a) Winterliche Hochdrucklagen mit einer bodennahen Kaltluftschicht. In der Höhe führt das Absinken der Luft zum Abtrocknen und zu kräftiger Erwärmung. Auf höheren Bergen kann es dann sehr klar und fast frühlingshaft mild sein, während es in den frostkalten Tallagen dunstig ist und eine Schicht von Nebel oder Hochnebel den Himmel verhüllen kann. In aller Regel fällt dabei kein nennenswerter Niederschlag.
b) Wenn sich beim Herannahen einer (winterlichen) Wetterfront wärmere Luft über Kaltluft schiebt oder umgekehrt, kältere Luft unter wärmere, kann es ebenfalls zwei oder mehrere Nullgradgrenzen geben. In dieser Situation besteht aber prinzipiell Gefahr von Niederschlag, der dann – je nach den Verhältnissen – als Regen, gefrierender Regen, Eiskörner, Schneeregen oder Schnee fallen oder in der freien Atmosphäre zu gefährlicher Vereisung führen kann.
Die Höhe der obersten Nullgradgrenze gibt einen ersten Überblick über die großräumige Verteilung warmer und kalter Luftmassen. Dort etwa, wo sich die Höhe stark ändert und sich die Höhenlinien drängen, befinden sich Luftmassengrenzen, oft auch aktive Fronten.
Sommerliche Höhenwerte der Nullgradgrenze über 4km können vorkommen. Sie sind ein gewisser, aber keineswegs hinreichender Hinweis auf ein Potential für schwere Gewitter. Hagel kann in sehr warmer Luft auf dem Weg nach unten erheblich wieder abschmelzen, deshalb sprechen sehr hohe Nullgradgrenzen eher gegen großen Hagel (siehe Karte und Info 0°-Feuchtemperatur).
Mit einer roten Umrandung sind, falls vorhanden, Gebiete markiert, in denen eine erhöhte Gefahr von Vereisung am Boden oder in Bodennähe besteht. Die Kriterien dafür sind:
1) Die unterste Nullgradgrenze liegt bereits am Boden oder niedriger als 200m über der Station (< 200m AGL).
2) Falls Niederschlag auftritt (!) die Gefahr von gefrierendem Regen oder Eiskörnern, evtl. gemischt mit Schnee, Schneeregen oder Regen. Hierfür werden in einer vereinfachten Form Angaben aus einer Veröffentlichung des US-amerikanischen Wetterdienstes benutzt. Die relativen Topographien 1000-850 hpa und 850-700 hpa sind dabei die Unterscheidungskriterien. (http://www4.ncsu.edu/~nwsfo/storage/trend/)
Das Verfahren (2) stammt aus den östlichen Küstenstaaten der USA und ist nicht auf europäische Verhältnisse abgestimmt. Die Ergebnisse sind daher nur als Hinweis im Sinne eines Warnsignals gedacht. Vor allem sollte geprüft werden, ob Niederschlag überhaupt zu erwarten ist, weil das Verfahren sich nur auf die vertikalen Temperaturverhältnisse bezieht und auch bei absolut trockenem Wetter anspricht. Da die Radiosondenstationen relativ weit voneinander entfernt liegen, können überdies besonders in stärker gegliedertem Gelände die Verhältnisse am Boden auch deutlich abweichen.
Fehlermöglichkeiten
RAOB erkennt nur die oberste und die unterste Nullgradgrenze, also maximal zwei. Kompliziertere Verläufe der Temperatur muß man ggfs. im Tempdiagramm nachsehen.
Meldet RAOB keine Nullgradgrenze, bedeutet dies in der Regel, daß die Lufttemperatur durchgängig im Frostbereich liegt und daß kein Vorzeichenwechsel der Temperatur eintritt. Also muß die Nullgradgrenze am Boden liegen. Leider kommt es gelegentlich vor, daß ein Aufstieg, der in warmer Luft begonnen hat, aus technischen Gründen vor Erreichen der Nullgradgrenze abbricht. Dann gibt es für RAOB keine Nullgradgrenze, und eine Automatik wie MAX muß zunächst auf Frost am Boden erkennen. Das ist natürlich falsch, aber nicht leicht abzufangen.
Verschlüsselungsfehler oder Fehler durch abgebrochene Temps treten selten auf und sind meistens daran zuerkennen, daß eine Station völlig ‚aus dem Rahmen fällt’ und eine sogenannte ‚Pestbeule’ in den Isolinien entsteht. Fehler mit einer abnormen Höhe der obersten Nullgradgrenze werden erkannt und der Wert wird verworfen.
Stand: 18.Jan 2009