MAX – Meteorological Application of two X-linked
Programs
(Meteorologische Anwendung zweier über Kreuz verbundener Programme)
Wie es dazu kam:
Das Projekt MAX entstand aus dem Wunsch, für zurückliegende Unwetterlagen synoptische Karten zu erzeugen. Andere Karten als die üblichen Boden- und Höhenkarten sind im Nachhinein meist nicht zu beschaffen, und die laufende Archivierung aller infrage kommenden Karten bleibt wegen des großen Aufwandes wohl den Wetterdiensten vorbehalten. Hat man jedoch für den fraglichen Termin wenigstens Bodenbeobachtungen und Radiosondenaufstiege als Rohdaten, so lassen sich mit geeigneten Mitteln daraus sehr viele Informationen gewinnen und auf Wetterkarten darstellen. Seit Jahren sind zwei enorm leistungsfähige Programme erhältlich, die von praxiserfahrenen Meteorologen geschaffen wurden und ständig weiterentwickelt werden, ich meine
Digital Atmosphere und RAOB.
Beide Programme haben unterschiedliche Anwendungsschwerpunkte, ihre kombinierte Anwendung eröffnet für mich die gewünschten Möglichkeiten. Detaillierte Beschreibungen finden sich bei den Autoren (www.weathergraphics.com und www.raob.com ).
Digital Atmosphere ist ein sehr flexibles Darstellungsprogramm für weltweite Wetterdaten aller Art. Ein eindrucksvoller Teil seiner Fähigkeiten betrifft die Darstellung von Radardaten, die in den USA frei verfügbar sind. Es beherrscht die Analyse von Feldern mit Isolinien ebenso wie die Auswertung und Verrechnung einzelner Parameter von Boden- und Höhendaten. Es kann mit dem Internet kommunizieren und lange Scripte verarbeiten, die Gestaltung der Karten steht dem Benutzer in weiten Grenzen offen. Obwohl das Programm auf seinem 30x30 Gitterpunkte großen Datenfeld eine Vielzahl von Auswertungen und Berechnungen vornehmen kann, bleiben für mich einige Wünsche offen, vor allem hinsichtlich der Auswertung von Wetterballonaufstiegen zur Analyse der Gewitterwahrscheinlichkeit.
RAOB, ein wahrhaft universelles Auswerteprogramm gerade auch für solche aerologische Daten, stellt das zweite Werkzeug für meine Anwendung dar. RAOB kann die im Internet verfügbaren großen Files verarbeiten und daraus Teilbereiche herausfiltern, die dann programmierbar einer automatischen Auswertung unterzogen werden können. RAOB kann eine große Anzahl der Auswerteergebnisse als CSV-Datei bereitstellen. Damit wird eine Kartendarstellung möglich, da Digital Atmosphere externe Daten übernehmen, analysieren und darstellen kann, wenn hierbei auch noch gewisse Einschränkungen bestehen. Zu den interaktiven Möglichkeiten von RAOB gehören weiterhin zahlreiche Auswerteverfahren der synoptischen Meteorologie wie die Erstellung von Temp-Zeitserien und Querschnitten, hodographische Höhenwindauswertung mit Frontenanalyse, spezielle Auswertungen für die Fliegerei und vieles mehr.
MAX, das Bindeglied zwischen den Riesen, ist ein in Visual Basic geschriebenes Programm, das die Steuerung des automatischen Ablaufs übernimmt. Auch MAX ist in der Entwicklung und wird im Laufe der Zeit noch einige Erweiterungen und Verbesserungen erfahren.
Das Konzept von MAX und der Funktionsablauf
Das Konzept sah ursprünglich, wie eingangs erwähnt, die Kartenerstellung für eine nachträgliche Wetteranalyse vor. Dabei ging es um Wetterlagen mit extremen Unwettern, hauptsächlich durch konvektive Ereignisse, also um Schwergewitter mit Hagel, Orkanböen und/oder Tornados
Schon bald kam mir die Idee, daß ein funktionierendes System zur Herstellung von speziellen Wetterkarten auch aktuell eingesetzt werden könnte, wenn es automatisch arbeitete. Dabei würde sogar ein Zeitvorteil gegenüber den großen Rechenzentren entstehen, da diese ihre Analysen gemeinsam mit den ersten Vorhersagen meistens erst drei Stunden nach Termin oder noch später veröffentlichen. Dagegen könnte die “kleine Lösung” auf dem PC erste Ergebnisse schon innerhalb der ersten Stunde nach Termin liefern, weitgehend vollständige Karten kommen, abhängig von der Verfügbarkeit der Daten im Internet, nach 1.5 bis 2 Stunden zustande. Dies gilt zumindest für die Welt außerhalb der Wetterdienste.
Bei einer Nachanalyse sitzt man in der Regel am Rechner, eine “halbautomatische”, interaktive Kartenerstellung ist also durchaus angemessen. Anders dagegen muß eine automatische Erstellung von Karten “im unbewachten Betrieb” sicher und unterbrechungsfrei ablaufen. Angefangen von der korrekten Gewinnung, Verschlüsselung und Übermittlung der Daten bis hin zur Stabilität der Programme muß alles richtig funktionieren.
Mit MAX will ich also zweierlei erreichen:
1. Die Möglichkeit, aus Archivdaten Wetterkarten nach Wahl interaktiv erstellen zu können,
2. Eine automatische, zeitnahe Herstellung von Wetterkarten speziell für die Gewitteranalyse und –vorhersage, wobei die Karten ebenfalls automatisch im Internet veröffentlicht werden.
Der Kern der Kartenerstellung ist natürlich in beiden Fällen derselbe, aber die Rahmenbedingungen sind bei (2) erheblich schwerer zu erfüllen. Damit in der kommenden Saison die Karten bereits erprobt und genutzt werden können, habe ich mit Programmierung der aktuellen Karten begonnen.
Bei der folgenden Beschreibung des Programmablaufs verwende ich für Digital Atmosphere die Abkürzung “DAE”, für das Programm MAX ebenfalls diesen Namen, der ja auch das Projekt als Ganzes bezeichnet. Die Radiosondenaufstiege werden wie üblich “Temps” genannt, Zeitangaben mit angehängtem “z” bezeichnen die UTC.
Der Funktionsablauf wird vom Windows Taskplaner in Gang gesetzt, und zwar mehrmals nach jedem der vier Temp-Termine (00z, 06z, 12z,18z). Dabei wird der PC in der Regel aus dem Ruhezustand hochgefahren, dann wird MAX gestartet. Als Steuerprogramm läuft MAX bis zur Fertigstellung der Karten im Hintergrund weiter, während von den beiden großen Programmen abwechselnd immer nur eines aktiv ist.
· MAX startet zunächst DAE und veranlaßt, daß die aktuellen Temps aus dem Internet heruntergeladen werden. Danach wird DAE beendet.
· MAX filtert aus der heruntergeladenen Temp-Datei alle Bulletins heraus, die nichts mit Wetterballonaufstiegen zu tun haben. Im wesentlichen sind das Flugzeugmeldungen. Ebenso werden Fehlmeldungen und solche Temps entfernt, die nur aus einem oder zwei Meßwerten bestehen. Dadurch wird der weitere Ablauf sicherer und schneller.
· MAX startet zweimal hintereinander RAOB mit verschiedenen vorprogrammierten Konfigurationen. Dadurch ist es möglich zwei kongruente Datensätze mit unterschiedlichen Parametern zu erhalten, z.B. tiefste und höchste Nullgradgrenze, MUCAPE und SFC based CAPE. Danach wird RAOB beendet.
· MAX sortiert die Exportdaten von RAOB in ein großes Datenfeld ein, sortiert doppelte Temps aus und führt einige Sonderberechnungen durch, z.B. wird (nach einem Verfahren des US-Wetterdienstes) abgeschätzt, ob Vereisungsbedingungen herrschen. Näheres dazu bei der entsprechenden Karte.
· MAX erzeugt für alle von RAOB exportierten Parameter gesonderte Dateien, die zur Übergabe an DAE formatiert für die Kartenerstellung zur Verfügung stehen. Diese Dateien sind recht klein, weil sie für jede Station nur die Koordinaten und einen bzw. zwei Werte enthalten, es sind aber deutlich über 200. Soweit nötig, werden auch noch Umrechnungen von Höhenangaben über Grund auf MSL oder umgekehrt durchgeführt.
· MAX erzeugt zu allen vorgenannten Parameterdateien gesonderte Dateien für die Beschriftung der Karten, damit diese und ihr Inhalt auch später eindeutig identifizierbar sind. Durch die WMO-Verschlüsselungsrichtlinien ist nur die Angabe von Tag und Stunde eindeutig in den Bulletins angegeben, Monat und Jahr müssen anderweitig definiert werden. Das geschieht bei den Daten im Internet in der Regel durch den vom Rechenzentrum vergebenen Filenamen, der das vollständige Datum und die Bezugs-Uhrzeit enthält. Das Erstellungsdatum des Files im Inhaltsverzeichnis selbst kann davon natürlich abweichen...
· Max entscheidet nun, ob genügend Daten für eine Isoliniendarstellung auf den Karten vorhanden sind. Entsprechend der Bezugszeit und der Anzahl an Temps sucht MAX ein Script aus und startet DAE zur Kartenerstellung nach diesem Script. Falls zu wenige Daten vorhanden sind, wird auf die Isolinienanalyse verzichtet und es werden lediglich die Werte eingetragen. Dies ist besonders oft zu den Nebenterminen 06z und 18z der Fall, kann aber auch bei den ersten Karten zu den Hauptterminen vorkommen.
·
Die Kartenerstellung ist
ein interaktiver Prozeß zwischen DAE und MAX. Während DAE viele Aktionen nach
dem Script eigenständig ausführen kann, wie z.B. das Laden eines Kartenvordrucks,
das farbige Anlegen von Bereichen, das Zeichnen von Isolinien usw., müssen für
die Übergabe von Dateien mehrfach Signale zwischen beiden Programmen ausgetauscht
werden, weil die Aktionen verschieden lange dauern können und weil auch in
einer Karte mehrere Parameter abgebildet werden können. Am Ende des Prozesses
werden die Beschriftungsdaten übertragen und der Karte hinzugefügt. Dann wird
die Karte im PC zwischengespeichert.
Da mehrere Karten zu einem Termin erzeugt werden, wiederholt sich der Vorgang
für jede Karte – die Scripte können dafür nahezu beliebig lang werden.
·
Wenn alle Karten
fertiggestellt sind, wird MAX davon informiert, DAE wird beendet.
·
MAX
startet RAOB ein weiteres Mal zur Erzeugung von Tempdiagrammen, die mit dem
Karten auf die Website hochgeladen werden. Zum schnellen Aufrufen der Temps sind Suchkarten für die vier Termine eingerichtet
(siehe den dortigen Info-Text).
· MAX startet nun das Hochladen der Karten (und einer Aktualisierungsmeldung) per FTP auf meine Website und wird beendet, ohne das Ende des Uploads abzuwarten.
Stand der Dinge, geplante Erweiterungen, Probleme
Zur Zeit finden Probeläufe statt, um die zeitgesteuerte Funktion, das Zusammenspiel der Programme und den Upload ins Internet zu testen. Dabei werden bewußt nur wenige Karten regelmäßig erzeugt und die endgültige Festlegung des Kartenprogramms noch zurückgestellt.
Das Kartenangebot wird in der Folge erweitert, wobei zwei Gruppen von Karten geplant sind: Die erste folgt der obigen Beschreibung und entsteht im wesentlichen aus Radiosondendaten, die von RAOB ausgewertet wurden. Die zweite Gruppe wird aus Karten bestehen, die von DAE allein aus den Rohdaten hergestellt werden. Im Unterschied zu der ersten Gruppe sind dabei bessere Dateninterpolationsverfahren möglich, so daß die Analysen genauer werden, wahrscheinlich aber auch mehr Zeit benötigen.
Erhebliche Schwierigkeiten traten (und treten noch gelegentlich) auf durch falsch codierte oder sonstwie falsche Daten aus dem Internet. Eine gezielte Filterung der Daten und verbesserte Fehlererkennung in RAOB haben große Verbesserungen bewirkt, könen aber prinzipiell nicht alle Fehler erfassen.
Typisch bei Bodenkarten sind gelegentlich auftretende “Pestbeulen”, engl. Bull’s Eyes. Sie entstehen öfter mal bei Schiffsmeldungen durch Meß- oder Verschlüsselungsfehler und natürlich dadurch, daß eine automatische Analyse diese Fehler normalerweise nicht erkennt. Es ist selten, daß sie ein Programm zum Absturz bringen, aber ein Feld von Isolinien kann schon merkwürdig verändert werden. Auch bei Radiosondendaten kann es dazu kommen, z.B. bei Vorzeichenfehlern bei der Verschlüsselung oder wenn ein Temp irgendwo abbricht.
Anfängliche Probleme bei der Zeitsteuerung des PC und beim FTP-Upload scheinen inzwischen gelöst zu sein. Natürlich ist Murphy mit im Boot, er wird sich sicher wieder mal mit etwas zeigen, woran noch niemand gedacht hat…
Anmerkungen zu den Karten und zur Homepage
Wie erwähnt, werden die Daten von RAOB ausgewertet und DAE extern zugeführt. Das einzige Interpolationsverfahren, das in diesem Modus zur Verfügung steht ist das “Nearest Neighbour”-Verfahren. Wie ich es verstanden habe, werden die Daten dabei dem nächstgelegenen Punkt des erwähnten 30x30-Gitters zugewiesen. Leere Gitterpunkte werden durch ein Expansionsverfahren mit Daten gefüllt. Danach gibt es noch eine Glättung, damit die Linien nicht zu schlimm aussehen. Das Verfahren ist schnell, aber nicht besonders genau, und so wird man ab und zu Meßwerte auf der falschen Seite der Isolinien finden – aber nie sehr weit entfernt. Eine abstandsgewichtete Interpolation oder die Verfahren nach Barnes und Cressman, die merklich bessere und schönere Karten ergeben, stehen nur für direkt von DAE importierte Daten zu Verfügung. Für die Parameter, die DAE nicht selbst berechnen kann, ist man also auf diesen Kompromiß angewiesen.
Es ist unvermeidlich, daß in den früh erscheinenden Karten vor allem in den Randbereichen Stationen fehlen, die erst in späteren Läufen auftauchen. Die Analyse erzeugt dann oft Isolinien, die linear zum Kartenrand hin verlaufen. Das ist normal. Ebenso kann es vorkommen, daß bei der Einfärbung der Karte größere Gebiete ohne Wertunterschiede Probleme machen. Es tauchen dann gelegentlich Bereiche mit Gitterstrukturen oder farbige Dreiecken auf, eher ein ästhetisches als ein substantielles Problem.
Die Karten erhalten kurz vor der Fertigstellung einen Zeitstempel (Generated ...) links oben in der Ecke. Die dort angegebene Zeit und die Aktualisierungszeit auf der Titelseite können etwas voneinander abweichen. Letztere soll den Zeitpunkt des Temp-Downloads erkennen lassen. Sie liegt daher vor dem Zeitstempel auf der Karte. Der Unterschied zwischen beiden entspricht etwa der Bearbeitungszeit.
Unten in der Mitte auf der Karte wirden für jeden Parameter ein Titel und eine Zeitangabe gedruckt. Die Zeitangaben entstammen den Daten des ersten Temps im Bulletin und beschränken sich gemäß WMO-Verschlüsselung auf Stunde und Tag. Dagegen findet sich im Filenamen links oben auf der Seite in aller Regel ein komplettes Datum, das den Bezug zum Aufstiegstermin festlegt, auch wenn einige Radiosonden mitunter eine bis drei Stunden vor oder nach dem offiziellen Termin aufgelassen werden. Der erste Buchstabe ist eine interne Bezeichnung für die Datenquelle. Auch wenn der erste Temp - und damit die Info auf der Karte - eine vom 6-Stunden-Raster abweichende Stunde anzeigt, haben die meisten der Temps die offizielle Zeit.
Die Homepage www.wetteruwe.de, demnächst wahrscheinlich auch www.wetter-uwe.de, ist noch in einem anfänglichen Zustand, teils aus Zeitgründen, teils, weil ich HTML bzw. den Umgang mit entsprechenden Gestaltungsprogrammen erst lernen muß. Entscheidend ist zunächst die Funktionalität, ein bißchen hübscher soll es mit der Zeit schon aussehen!
Mit dem Internet Explorer gibt es keine Schwierigkeit, dagegen funktioniert die Seite mit dem Mozilla FireFox noch nicht perfekt.
Stand: 27. Februar 2009