Allgemeines
zur WBZ (Wet Bulb Zero altitude;
0°C-Höhe der Feuchttemperatur)
Der Begriff
Feuchttemperatur stammt von einem klassischen Meßinstrument für die
Luftfeuchte, dem Psychrometer. Es besteht i.w. aus zwei Thermometern, von denen
das eine mit einem befeuchteten Baumwollstrümpfchen überzogen ist. Das andere
Thermometer ist trocken. Beide werden für einen guten Wärmeübergang zur
Umgebungsluft zwangsbelüftet.
Je nach
vorhandener Luftfeuchte verdunstet mehr oder weniger stark Wasser am feuchten
Thermometer. Die zur Verdunstung nötige Wärme wird von der herangeführten Luft
nachgeliefert. Die Temperatur des feuchten Thermometers (engl. wet bulb
temperature, dt. Feuchttemperatur) wird geringer und stellt sich als
Gleichgewichtstemperatur so ein, daß der Sättigungsdampfdruck über dem
Baumwollstrümpfchen gleich dem Wasserdampfdruck der umgebenden Luft ist. Aus
den beiden Temperaturen und dem Luftdruck kann dann die Feuchte der Luft
bestimmt werden.
Bei mit
Wasserdampf gesättigter Luft kann kein Wasser verdunsten und die beiden
Temperaturen bleiben gleich. Ist die Luft sehr trocken, ist die Verdunstung
groß und die Feuchttemperatur liegt viel tiefer als die Trockentemperatur. Sie
kann aber prinzipiell nicht unter den Taupunkt sinken, weil dort 100% Feuchte
herrschen würde und keine weitere Verdunstungsabkühlung möglich wäre. Auf einem
Radiosondendiagramm liegt also die Spur der Feuchttemperatur immer zwischen der
Trockentemperaturkurve und der Taupunktskurve.
Dieser
Zusammenhang hat, wenn man so will, in der Natur eine Entsprechung: den
fallenden Niederschlag. Regen, Schnee oder Hagel kommen in den tieferen
Schichten in eine (fast immer) zunehmend wärmere Umgebung. Sie werden also zu
verdunsten beginnen, umso mehr, je trockener und wärmer seine jeweilige
Umgebung ist. Im Prinzip geschieht nun dasselbe wie beim feuchten Thermometer,
es wird sich nämlich die Temperatur des Regentropfens, Schneesterns oder
Hagelkorns mehr oder weniger auf die Feuchttemperatur einstellen.
Wenn nun aus
dem Radiosondenaufstieg der Verlauf der Feuchttemperatur bekannt ist, kann man
die Temperatur des fallenden Niederschlags und damit ggfs. die
Wahrscheinlichkeit abschätzen, daß er schmilzt. Aus unterschiedlichen
Fallgeschwindigkeiten, Größen (Hagel!) und weiteren physikalischen Vorgängen
ergibt sich natürlich eine gewisse Unsicherheit. Man versucht, dem durch
Erfahrungswerte aus der Praxis zu begegnen, und es lassen sich hilfreiche
Aussagen z.B. über die Niederschlagsform
ableiten.
a)
90%
aller Hagelfälle treten bei einer WBZ zwischen etwa 1525 und 3660m auf.
Außerhalb dieses Bereichs ist nur mit kleinem Hagel (deutlich unterhalb von 1
cm) zu rechnen.
b)
Großer
Hagel vom über 2.5 cm tritt fast nur bei einem Höhenbereich der WBZ von 2135
bis 3355m auf (Mittelwert 2745m). Bei extrem großem Hagel lag die WBZ bei 2135
bis 2745m, also eher in der unteren Hälfte der Spanne.
c)
Das
Auftreten von Windböen über 50 kts (> 90km/h, Bft 10) ist sinngemäß mit dem
gleichen Höhenbereich der WBZ verbunden wie der Hagel.
d)
Das
Auftreten von Tornados hat ebenfalls ein ausgeprägtes Maximum bei WBZ-Höhen von
2135 bis 2745m. Allerdings gilt das nicht für Tornados, die in hochreichend
feuchten tropischen Luftmassen entstehen, z. B. aus dem Golf von Mexiko.
Hierbei werden WBZ-Höhen von 3300 bis über 4000m beobachtet.
Die Karte
Auf der Karte
sind die Höhen der 0°- Feuchttemperatur in Metern über Grund angegeben (AGL, above ground level). RAOB liefert
ausschließlich die unterste Nullgradgrenze der Feuchttemperatur, evtl.
vorhandene weitere Nullgradgrenzen werden nicht erkannt und sind nur im
Temp-Diagramm zu sehen. Ist die Feuchttemperatur bereits am Boden =0°C oder
negativ, erscheint auf der Karte „SFC“ (surface).
Die Einfärbung
in Rot-Tönen betrifft die sommerlichen Unwetterlagen und kann als
Risikoanzeiger angesehen werden für großem Hagel, starke Windböen und Tornados,
wenn entsprechend starke Gewitter zu erwarten sind (siehe obigen Text). Es ist
ein Risikofaktor von vielen! Die Schwellenwerte für die Farbabstufung
entsprechen ungefähr den Verhältnissen, wie sie in den mittleren USA gefunden
wurden. Ich habe sie als Arbeitshypothese genommen, da mir vergleichbare
Kriterien für Europa nicht bekannt sind.
Bemerkenswert
ist, daß das Risiko bei ~1500m beginnt und sich zunächst steigert (1500-2000m
„leicht“, 2000-2500m „mäßig“, 2500-3500m „stark“), oberhalb 3500m aber wieder
abnimmt. Es wird dann als „mäßig“ dargestellt.
Die Einfärbung
in Blau-Tönen betrifft die Schnee-/Regen-Situationen im Winterhalbjahr. Sie beginnt
– etwas abweichend von den Angaben oben - bei 750m, intensiviert sich in drei
Stufen mit abnehmender Höhe und zeigt damit die wachsende Wahrscheinlichkeit
an, daß Niederschlag den Boden als Schnee erreicht.
Achtung:
Kompliziertere Verläufe von Temperatur und Taupunkt werden naturgemäß nicht
erfaßt. Die Gefahr von Eisregen z.B. kann nicht erkannt werden. Dafür finden
sich Hinweise auf der Karte mit den Nullgradgrenzen und im Info-Text dazu. Man
muß auch bedenken, daß die Radiosondenstationen nicht immer repäsentativ für
die Geländehöhe und Orographie der Umgebung sind.
Stand:
24. Jan 2009